Macron gegen Le Pen

Frankreich vor der Stichwahl - Bangen in Berlin und Brüssel

Keine Verschnaufpause für die Wahlkämpfer in Frankreich: Nach dem Sieg in der ersten Runde nehmen Staatschef Macron und Rechtsaußen Le Pen Kurs auf die Stichwahl in zwei Wochen. Viel steht auf dem Spiel, nicht nur für Frankreich.

Emmanuel Macron
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will für weitere fünf Jahre im Élyséepalast bleiben. Foto: Ludovic Marin/AFP/dpa
11.04.2022 16:03 Uhr

Paris (dpa) - Nach dem Einzug in die Endrunde der französischen Präsidentschaftswahl sind Staatschef Emmanuel Macron und seine rechte Herausforderin Marine Le Pen in den Endspurt zum entscheidenden Duell in zwei Wochen gestartet.

Der liberale Präsident Macron brach am Montag zum Wahlkampf nach Nordfrankreich auf, während die Nationalistin Le Pen die weitere Strategie mit ihrem Team in Paris festzurren wollte. Umfragen sagten noch am Wahlabend einen eher knappen Ausgang der anstehenden Stichwahl voraus. Der Mobilisierung der Wählerinnen und Wähler abseits des eigenen Lagers kommt bis dahin entscheidende Bedeutung zu. Außerdem bereiten beide sich auf das traditionell viel beachtete TV-Duell Mitte kommender Woche vor.

Macron knapp fünf Prozent vor Le Pen

Nach dem vorläufigen Endergebnis kam Macron auf 27,84 Prozent. Le Pen vom Rassemblement National landete mit 23,15 Prozent auf Platz zwei. Beide zogen somit in die Stichwahl am 24. April ein, die übrigen zehn Kandidaten sind raus. Etwa 48,7 Millionen Französinnen und Franzosen waren zur Wahl eingeschrieben. Die Wahlbeteiligung lag laut einer Schätzung des Umfrageinstituts Ipsos kurz nach Schließung der Wahllokale bei 74,0 Prozent.

Mit der Präsidentschaftswahl steht Frankreich nun vor einer richtungsweisenden Entscheidung. Ein Sieg der 53-jährigen Le Pen wäre für Deutschland und Europa ein Schock mit bedeutungsschweren Folgen. Le Pen stellt die enge Zusammenarbeit mit Berlin in Frage und strebt eher nach Kooperation mit Euroskeptikern wie den Regierungen in Budapest oder Warschau. In der Europäischen Union könnte Frankreich unter ihr vom Treiber zum Bremser werden, ganz anders als unter dem proeuropäisch engagierten Macron. In der aktuell eskalierenden Krise zwischen dem Westen und Russland befürchten Europa und die USA mit Le Pen ein Bröckeln der festen Pro-Ukraine-Front.

Erneute «Mauer» gegen die Rechte formiert sich

Auch in Frankreich bangt man vor einem Einzug Le Pens in den Élyséepalast. Die Unterstützungsaufrufe für Macron setzten schon kurz nach den ersten Hochrechnungen ein. Während die Bewerber der Grünen, Sozialisten und Republikaner ihre Anhänger klar dazu aufriefen, in der Stichwahl für Macron zu stimmen, rief der Drittplatzierte Linke Mélenchon nur eindringlich dazu auf, keine Stimme an Le Pen zu geben. Die Formierung einer erneuten «Mauer» gegen die Rechte scheint also bereits im Gange. Auf eine solche Mauer stieße Le Pen auch im Falle eines Sieges im Senat und der Nationalversammlung, in der sie keine Mehrheit hat - eine politische Lähmung Frankreichs wäre die Folge.

Le Pen müsste erheblich gegen Macron mobilisieren, um zu gewinnen. Zwar kann sie auf Unterstützer des Rechtsextremen Éric Zemmour und Stimmen einiger rechter Konservativer setzen, jedoch kaum aus dem Mitte-Links-Lager, dem sie sich nach der Wahl mit Forderungen zu sozialer Gerechtigkeit bereits zu nähern versuchte. Hier würde es ihr wohl vor allem helfen, wenn von Macron frustrierte Linke der Wahl einfach fernblieben und so ihre Prozente in die Höhe trieben.

Stichwahl Neuauflage von 2017

Die Stichwahl zwischen Macron und Le Pen ist eine Neuauflage ihres Duells von 2017. Damals unterlag die Rechte dem Politikjungstar klar. Le Pen, die bereits zum dritten Mal antritt, hatte sich im Wahlkampf um ein gemäßigteres Auftreten bemüht. Sie inszenierte sich zugleich als Anwältin derjenigen, die unter der Inflation und den steigenden Preisen für Strom, Sprit und Lebensmittel leiden. Anders als Macron machte sie seit Monaten in zahlreichen Städten persönlich Wahlkampf.

Macron setzte im Wahlkampf auf wirtschaftlichen Fortschritt. 2017 hatte er mit seiner Bewegung La République en Marche den Einzug in den Élyséepalast geschafft. Der einst eher linke Kandidat vertritt mittlerweile stärker liberal-konservative Positionen. Er profitierte von der Schwäche anderer Kandidaten, dem Wunsch nach Stabilität inmitten des Ukraine-Kriegs und manchen Erfolgen als Präsident.

© dpa-infocom, dpa:220411-99-875677/6



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