Debatten über die Schulferien sind immer ein Aufreger. Das war schon oft der Fall, wenn es darum ging, welches Bundesland wann in die Sommerferien startet. Wegen der Corona-Pandemie gibt es nun einen neuen Vorschlag - und viel Kritik dazu.
Berlin (dpa) - Mit ihrem Vorschlag, die Weihnachts- und Winterferien wegen der Corona-Pandemie zu verlängern und stattdessen die Sommerferien zu kürzen, haben zwei Bundestagsabgeordnete der Union am Dienstag eine lebhafte Diskussion ausgelöst.
Lehrer-, Schüler- und Ländervertreter sowie Parteikollegen wiesen die Idee zurück. Der Bundeselternrat zeigte sich dagegen offen dafür.
DER VORSCHLAG
Der Hamburger CDU-Chef Christoph Ploß sagte der «Bild»-Zeitung: «Wir sollten darüber nachdenken, die Winterferien um zwei bis drei Wochen zu verlängern und im Sommer entsprechend zu kürzen.» Ziel müsse sein, bestmöglich durch die Pandemie zu kommen. Sein Fraktionskollege im Bundestag, Stephan Pilsinger (CSU), regte sogar bis zu vier Wochen längere Weihnachtsferien mit entsprechender Kürzung der Oster- und Sommerferien an. «Das Wohl der Schüler und Lehrer muss im Vordergrund stehen», begründete er seinen Vorschlag. Hintergrund ist die Debatte über kalte Klassenzimmer, weil wegen des Coronavirus in kurzen Abständen gelüftet werden soll.
ABFUHR VON PARTEIKOLLEGEN UND LÄNDERN
Ziemlich deutlich fielen die Reaktionen bei Parteikollegen und Ländervertretern aus: «Nee», sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Dienstag nach einer Kabinettssitzung in München. Es sei jetzt nicht die Zeit, über Ferienverlängerungen zu reden und damit mit «zusätzlichen Dingen» für Verunsicherung zu sorgen. Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) sagte: «Auch Ende Januar ist der Winter ja noch nicht vorbei, deshalb ist das ein wenig zu kurz gedacht.» Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) kritisierte, öffentliche Schulferiendebatten seien überflüssig wie ein Kropf.
WAS SAGEN DIE, DIE ES BETRIFFT?
Auch im Bildungsbereich winken die meisten ab: Der Vorsitzende des Grundschulverbandes, Edgar Bohn, nannte die Idee mit den verlängerten Ferien im Winter «wenig zielführend». Es lasse sich nicht abschätzen, wie sich die Pandemie entwickele, sagte er der dpa. «Wir könnten also vor dem Problem stehen, dass wir auch im Frühjahr noch hohe Infektionszahlen haben und damit auch die Osterferien nicht verkürzt werden könnten.» Der Verband warnte zudem mit Blick auf benachteiligte Kinder davor, dass diese dadurch wieder über längere Zeit keinen Kontakt zur Schule hätten.
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, man sollte die Zeit nutzen, in der Präsenzunterricht mit vollen Klassen noch möglich sei. «Niemand weiß, ob und wann ein neuer Lockdown kommt beziehungsweise eine neuerliche Phase des Wechselbetriebs», sagte er. Der Sprecher der Bundesschülerkonferenz, Torben Krauß, sieht das ähnlich: «Es ist wichtig, dass wir Präsenzunterricht haben. Wir haben in den letzten Wochen gesehen, dass es schwierig ist, online unterrichtet zu werden», sagte er der dpa.
POLITIK WILL SCHULEN UNBEDINGT OFFENHALTEN
Auch Politiker aus Bund und Ländern und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonen nach den Schulschließungen und dem Schichtbetrieb vor dem Sommer immer wieder, dass die Offenhaltung von Kitas und Schulen nun oberste Priorität habe. Die Zwangspause im Frühjahr und der anschließende Notbetrieb mit Unterricht und Betreuung in Schichten hatten die Nerven von Millionen Familien, Erziehern und Lehrkräften strapaziert und viel Frust ausgelöst. Bildungsexperten befürchten zudem negative Nachwirkungen, vor allem bei Kindern aus ärmeren Familien.
«ES GIBT MOMENTAN KEINE VERRÜCKTEN VORSCHLÄGE»
Offen für den Vorstoß, die Winterferien zu verlängern, zeigte sich allerdings der Vorsitzende des Bundeselternrats, Stephan Wassmuth: «Ich würde momentan selten Vorschläge von der Hand weisen.» Es seien besondere Zeiten: «Es gibt momentan keine verrückten Vorschläge», sagte er der dpa. Die Kultusministerkonferenz der Länder (KMK) will sich nach Angaben einer Sprecherin der KMK-Vorsitzenden und rheinland-pfälzischen Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) bei ihren Beratungen am Freitag mit dem Thema befassen. Hubig selbst lehnt den Vorschlag aber auch ab.
Ganz neu ist die Idee einer Ferienverlängerung nicht. Schon im August hatten namhafte Virologen, darunter Christian Drosten, Jonas Schmidt-Chanasit und Helmholtz-Forscherin Melanie Brinkmann in einer Stellungnahme geschrieben: «Sollte es gegen Jahresende zu einem kritischen Anstieg der Neuinfektionen mit regelmäßiger Beteiligung von Bildungseinrichtungen kommen, sollte eine Ausdehnung der Weihnachtsferien diskutiert werden, um die Zeiten mit höchster Infektionsaktivität zu verringern.»
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Der Streit über Beherbergungsverbote dürfte das Treffen der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten an diesem Mittwoch dominieren. Davon abzugehen kommt für manche Länderregierungschefs nicht in Frage.
Berlin (dpa) - Der Streit über das Beherbergungsverbot vieler Länder zum Schutz vor Corona-Infektionen nimmt vor dem Treffen von Kanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder an Schärfe zu.
Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß, forderte, das Verbot dabei nochmals auf den Prüfstand zu stellen. Länderregierungschefs wie Manuela Schwesig (Mecklenburg-Vorpommern) und Markus Söder (Bayern) verteidigten es dagegen.
Am Dienstagmorgen überschritt die Zahl der innerhalb eines Tages neu mit dem Coronavirus infizierten Menschen nach Angaben des Robert Koch-Instituts mit 4122 erneut die 4000er-Grenze. Seit Beginn der Corona-Krise haben sich nach RKI-Angaben mindestens 329.453 Menschen in Deutschland nachweislich mit dem Virus Sars-CoV-2 infiziert. Mit Leverkusen und Gelsenkirchen überschreiten seit Dienstag zwei weitere große Städte die wichtige Warnstufe von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen.
Söder rief vor dem Treffen an diesem Mittwoch dazu auf, strengere und einheitliche Maßnahmen zu ergreifen. Es müsse zum Beispiel erweiterte Maskenpflichten gelten. «Wir wollen keinen zweiten Lockdown. Aber ein zweiter Lockdown rückt näher, wenn es keinen Ruck gibt.»
Kanzlerin und Ministerpräsidenten kommen an diesem Mittwoch erstmals seit Mitte Juni wieder im Kanzleramt zusammen und tagen nicht in einer Videokonferenz. Laut «Bild»-Zeitung begründete Kanzleramtschef Helge Braun gegenüber den Staatskanzleichefs die Notwendigkeit hierfür mit der dramatischen Infektionslage in Deutschland. Man müsse eine offene Debatte führen, die «historische Dimensionen» haben könne, wurde er unter Bezug auf Teilnehmer in «Bild» zitiert.
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus mahnte für das Treffen unter anderem in der Frage der Beherbergungsverbote eine einheitliche Linie an. «Ich erwarte morgen ein klares Signal gegen die Kleinstaaterei. Wir benötigen Klarheit für die Menschen in Deutschland. Dies gilt insbesondere für innerdeutsche Reisen», sagte der CDU-Politiker am Dienstag am Rande einer Veranstaltung in Hamburg.
Bareiß betonte: «Gerade Hotels haben in einem großen Kraftakt die Hygienemaßnahmen umgesetzt und für Sicherheit gesorgt. Ein nochmaliger Lockdown der ganzen Hotelbranche muss verhindert werden.» Der Chef des Landkreistages, Reinhard Sager, sprach im Nachrichtenportal «t-online» von einem «im Alltag kaum zu überblickenden Flickenteppich und großer Verunsicherung in der Gesellschaft».
Die Hauptgeschäftsführerin des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Ingrid Hartges, sagte der «Saarbrücker Zeitung» (Dienstag): «Ich habe die begründete Hoffnung, dass sich Bund und Länder von dieser Form des Beherbergungsverbots verabschieden müssen.» Hartges spielte damit offenbar auf die angekündigten Klagen gegen das Verbot an. Der Staatsrechtler Christoph Degenhart hält die Maßnahmen für nicht gerechtfertigt. «Sie greifen in die Grundrechte der Betriebe sowie der Reisenden ein», sagte er dem «Handelsblatt» (Dienstag).
Dagegen sprach sich Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Schwesig (SPD) im ARD-«Morgenmagazin» gegen Lockerungen aus: «Wir brauchen eine klare, stringente Linie. Die kann in einer Zeit, wo die Zahlen immer mehr in Deutschland steigen, nicht Lockerung sein.» Schwesig sprach sich stattdessen für strengere Regeln aus, «insbesondere in Risikogebieten». Bayerns Regierungschef Söder verlangte am Montagabend im Bayerischen Rundfunk «klarere Regeln für alle». Dabei schloss er nicht aus, Anti-Corona-Maßnahmen nicht nur regional, sondern flächendeckend etwas zu verschärfen.
Die meisten Bundesländer hatten am Mittwoch beschlossen, dass Bürger aus Orten mit sehr hohen Corona-Infektionszahlen bei Reisen innerhalb von Deutschland nur dann beherbergt werden dürfen, wenn sie einen höchstens 48 Stunden alten negativen Corona-Test vorlegen können. Greifen soll dies für Reisende aus Gebieten mit mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen. Als sicher gilt, dass am Mittwoch über das Thema gesprochen werden wird.
Diskutiert werden könnte beim Bund-Länder-Treffen auch über die Schulen - dass diese nicht wieder geschlossen werden müssen, gilt als eines der wichtigsten Ziele der Maßnahmen. Die Bundestagsabgeordneten Christoph Ploß (CDU) und Stephan Pilsinger (CSU) machten in der «Bild»-Zeitung den Vorschlag, die Winterferien um zwei bis drei Wochen zu verlängern und im Sommer entsprechend zu kürzen. Unionsfraktionsvize Thorsten Frei pfiff die beiden Abgeordneten aber wieder zurück. Er sagte bei RTL/ntv: «Angesichts der Verbreitungswege, die derzeit dominieren, befürchte ich, dass wir durch eine Verlängerung der Weihnachtsferien viel Unruhe stiften, aber letztlich keinen durchgreifenden Erfolg erringen.»
Das Robert Koch-Institut wies in einem Strategiepapier darauf hin, dass der Alltag auch nach Einführung eines Corona-Impfstoffs zunächst eingeschränkt bleiben werde - einschließlich Maskentragen und Abstandsgeboten. Demnach werden zwar voraussichtlich im kommenden Jahr ein oder mehrere Impfstoffe zur Verfügung stehen - und die Bekämpfung des Coronavirus entscheidend verbessern. Allerdings dürfte es ein solches Mittel zu Beginn nur in begrenzten Mengen geben und insbesondere Risikogruppen zugute kommen.
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Wieder wurde die 4000er-Marke überschritten. Gewinnt der Anstieg bei der Zahl der Neuinfektionen an Fahrt? Vor gut sechs Monaten hatte der Wert auch mal über 6000 gelegen - allerdings ist ein Vergleich zur Situation heute kaum möglich.
Berlin (dpa) - Nach einem Rückgang der Zahlen am Sonntag und Montag haben die Gesundheitsämter in Deutschland nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) vom Dienstagmorgen erneut mehr als 4000 neue Corona-Infektionen innerhalb eines Tages gemeldet. Insgesamt beläuft sich die Zahl laut RKI auf 4122.
Am Donnerstag hatte die Anzahl neuer Infektionen mit 4058 erstmals seit April die 4000er-Grenze überschritten. Am Samstag waren es gar 4721 neu nachgewiesene Fälle.
Am Montag waren 2467 neue Corona-Infektionen innerhalb eines Tages gemeldet worden. Erfahrungsgemäß liegen die erfassten Zahlen an Sonntagen und Montagen meist niedriger, auch weil am Wochenende nicht alle Gesundheitsämter Daten an das RKI weitergeben. Am Dienstag vor einer Woche waren es 2639 Fälle gewesen.
Seit Beginn der Corona-Krise haben sich nach RKI-Angaben mindestens 329.453 Menschen in Deutschland nachweislich mit dem Virus Sars-CoV-2 infiziert (Datenstand 13.10., 0.00 Uhr). Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion lag demnach bei 9634. Das waren 13 mehr als am Vortag. Nach Schätzungen des RKI gibt es etwa 279.300 Genesene.
Die Reproduktionszahl, kurz R-Wert, lag nach RKI-Schätzungen in Deutschland laut Lagebericht vom Montag bei 1,29 (Vortag: 1,40). Das bedeutet, dass ein Infizierter im Mittel knapp 1,3 weitere Menschen ansteckt. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen etwa eineinhalb Wochen zuvor ab.
Zudem gibt das RKI in seinem aktuellen Lagebericht ein sogenanntes Sieben-Tage-R an. Der Wert bezieht sich auf einen längeren Zeitraum und unterliegt daher weniger tagesaktuellen Schwankungen. Nach RKI-Schätzungen lag dieser Wert nach Angaben vom Montag bei 1,25 (Vortag: 1,37). Er zeigt das Infektionsgeschehen von vor 8 bis 16 Tagen.
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Das Handelsabkommen der EU mit Kanada stößt seit Jahren auf Widerstand. Kritiker meinen: Auf wichtige Entscheidungen haben die Wähler keinen Einfluss mehr. Hat der Bundestag sich ausbooten lassen?
Karlsruhe (dpa) - Die Bundesregierung hat das umstrittene Ceta-Abkommen der EU mit Kanada als «Leuchtturmprojekt der europäischen Handelspolitik» verteidigt.
«Die EU und Deutschland brauchen offene Märkte, um Beschäftigung und wirtschaftlichen Wohlstand zu sichern», sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, Elisabeth Winkelmeier-Becker, vor dem Bundesverfassungsgericht. In Deutschland hänge jeder vierte Arbeitsplatz vom Export ab. Seit Ceta seit 2017 in Teilen vorläufig in Kraft sei, seien die Exporte nach Kanada stetig gestiegen.
Winkelmeier-Becker betonte, dass Bundestag und Bundesrat von Anfang an umfassend unterrichtet und beteiligt worden seien. Die Linksfraktion ist der Ansicht, dass der Bundestag bei Ceta seinen Mitwirkungspflichten nicht ausreichend nachgekommen ist, und klagt deshalb in Karlsruhe. Das Urteil wird in einigen Monaten erwartet.
In der verabschiedeten Stellungnahme aus dem September 2016 werde der Bundesregierung quasi ein Freibrief erteilt, sagte der Linke-Abgeordnete und frühere Parteichef Klaus Ernst der Deutschen Presse-Agentur in Karlsruhe. Damit sei der Bundestag seinen Mitwirkungspflichten bei der europäischen Integration nicht nachgekommen. «Er hätte eine klare Anweisung geben oder ein Gesetz erlassen müssen.»
Die Linksfraktion hat deshalb beim Bundesverfassungsgericht Organklage gegen den Bundestag eingereicht. Das Urteil wird erfahrungsgemäß einige Monate später verkündet. (Az. 2 BvE 4/16)
Die Bundesregierung sieht in dem Handelspakt große wirtschaftliche Chancen. Aber auch der Widerstand ist groß, in Karlsruhe sind mehrere Klagen anhängig. Ein Bündnis der Verbraucherorganisation Foodwatch und der Vereine Campact und Mehr Demokratie hatte allein mehr als 125.000 Mitkläger mobilisiert. 2016 stand sogar der Start des Abkommens auf der Kippe. Im Eilverfahren erlaubten die Richter damals die deutsche Beteiligung. Die Bundesregierung musste aber unter anderem sicherstellen, dass Deutschland im Zweifel aus dem Abkommen wieder herauskommt. Ein Stopp von Ceta ist immer noch möglich.
Darauf zielt auch eine zweite Klage der Linksfraktion gegen die Bundesregierung. zunächst geht es aber ausschließlich um die Rolle des Bundestags. Dieser hat Mitwirkungsrechte, wenn zum Beispiel Kompetenzen von nationalen auf EU-Institutionen übertragen werden. Eine Stellungnahme des Bundestags muss die Bundesregierung ihren Verhandlungen auf europäischer Ebene zugrundelegen.
Die auf Antrag von CDU/CSU und SPD beschlossene Stellungnahme zu Ceta kritisieren die Linke-Abgeordneten als «Blankoscheck für die Exekutive», wie es in der Klageschrift heißt. Dabei bedeuteten die im Abkommen vorgesehenen Ständigen Ausschüsse eine Entmachtung des deutschen Parlaments, sagte Ernst. «Der Bundestagsabgeordnete, den die Bürger gewählt haben, wird im Extremfall überflüssig, weil ein Ständiger Ausschuss die Rechtssetzung macht.»
Ceta ist seit dem 21. September 2017 vorläufig in Kraft, allerdings nur in den Bereichen in unstreitiger EU-Zuständigkeit. Damit das Abkommen vollständig in Kraft treten kann, muss es von den Parlamenten aller EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Das ist erst zum Teil passiert. In Deutschland kann Ceta erst ratifiziert werden, wenn das Bundesverfassungsgericht über die Klagen entschieden hat.
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Das 100. Länderspiel ist für Toni Kroos eine «schöne Marke», habe aber nichts mit dem nahenden Ende seiner DFB-Karriere zu tun. Sein Erfolgshunger ist lange nicht gestillt. Sein Verhältnis zu Joachim Löw sieht der Real-Madrid-Star als etwas «Besonderes».
Köln (dpa) - Weitere große Ziele statt Abschieds-Gedanken: Länderspiel-Jubilar Toni Kroos beschäftigt sich noch nicht mit dem Ende seiner Nationalmannschafts-Karriere.
«Ich denke von Höhepunkt zu Höhepunkt. Der nächste Höhepunkt ist im nächsten Sommer. Dann schauen wir auf den nächsten Höhepunkt», sagte der Real-Madrid-Star. Das wäre dann nach der EM im kommenden Jahr die WM 2022 in Katar. Mit einem Einsatz im Nations-League-Spiel in Köln gegen die Schweiz gehört Kroos zu den 15 deutschen Spielern, die 100 und mehr Länderspiele bestritten haben. Den Club der Hunderter führt Lothar Matthäus mit 150 Einsätzen an.
«Das ist natürlich eine schöne Marke, da muss einiges gut gelaufen sein. Es ist eine Konsequenz der Arbeit, die ich da reingesteckt habe in meiner Karriere», erklärte der 30 Jahre alte Kroos im Interview auf der DFB-Homepage, schloss aber gleich an: Zahlen würden für ihn nicht die große Rolle spielen - «ich bin lieber erfolgreich». Und Erfolge hatte der aus Mecklenburg-Vorpommern stammende Profi schon zuhauf. «Klar, das beste, wichtigste, größte Spiel war natürlich das WM-Finale. Ein WM-Finale ist nicht zu toppen. Weil es in keinem Spiel um mehr gehen kann. Das vergisst du nicht», sagte Kroos zum Endspiel-Triumph 2014 in Brasilien.
Am 3. März 2010 hatte der Mittelfeldspieler sein Debüt im DFB-Trikot gefeiert. «Gegen Argentinien in München, 0:1, ich wurde eingewechselt, das Ergebnis war mit egal», erinnerte sich Kroos an den besonderen Moment. In Südafrika erlebte er im selben Jahr seine erste WM. Eine Besonderheit hob der gebürtige Greifswalder, der einst für Hansa Rostock, dann für Bayern München sowie Bayer Leverkusen und seit 2014 für Real Madrid spielt, hervor: «Ich habe ja nur einen Bundestrainer in meiner ganzen Zeit gehabt. Das kann man sich auf Vereinsebene gar nicht vorstellen, dass man zehn Jahre den gleichen Trainer hat.»
Das Verhältnis zu Joachim Löw ist in den Jahren immer enger geworden. «Man wächst zusammen, man wird parallel besser.» Sein Standing habe sich mit seiner Leistung verändert, bemerkte der viermalige Champions-League-Sieger Kroos: «Man ist ein Ticken näher dran am Trainer, bespricht heute gewisse Sachen, die man vor zehn Jahren noch nicht besprochen hätte. Wir ziehen da ein einen Strang.»
Und bis auf «ein paar Spiele und das Turnier in Russland» mit dem WM-Vorrunden-Aus sei die Zusammenarbeit auch «sehr lange sehr erfolgreich» gewesen. Und noch soll lange nicht Schluss sein: «Grad bei der Nationalmannschaft bin ich ein Fan davon, von Ziel zu Ziel zu denken.» Von daher müsse er sich «gar nicht festlegen und sagen, bis dann und dann geht's», erklärte Kroos.
© dpa-infocom, dpa:201012-99-920378/4
Bereits nach dem ersten Ruhetag versinkt der 103. Giro d'Italia im Corona-Chaos und dünnt das Teilnehmerfeld der Italien-Rundfahrt sichtlich aus. Auch Topfahrer sind betroffen.
Lanciano (dpa) - Was der Tour de France in drei Wochen erspart blieb, bekommt der Giro d'Italia mit voller Wucht schon nach dem ersten Ruhetag zu spüren.
Zwei Topfahrer und zwei Teams beenden kurz vor dem Start der zehnten Etappe wegen positiver Corona-Fälle die 103. Italien-Rundfahrt. Wie die Veranstalter am Dienstag mitteilten, wurden zwei Fahrer und sechs weitere Personen positiv auf das Coronavirus getestet.
Die zwei positiv getesteten Radprofis sind durchaus klangvolle Namen. So müssen der auf Platz elf der Gesamtwertung liegende Niederländer Steven Kruijswijk, im Vorjahr Dritter der Tour de France, sowie der Australier Michael Matthews, der bereits mehrere Etappen bei allen drei großen Landesrundfahrten gewinnen konnte, den Giro vorzeitig beenden. Dies teilten Kruijswijks Team Jumbo-Visma und Matthews' deutscher Sunweb-Rennstall kurz vor dem Start der Etappe mit. Die niederländische Jumbo-Visma-Equipe um die beiden Deutschen Tony Martin und Christoph Pfingsten kündigte kurze Zeit später den kompletten Giro-Rückzug an.
Zuvor hatte bereits das australische Mitchelton-Scott-Team verkündet, die Mannschaft wegen vier positiv getesteter Team-Mitglieder aus dem Rennen zu nehmen. «Aus sozialer Verantwortung gegenüber unseren Fahrern und Mitarbeitern, dem Fahrerfeld und der Rennorganisation haben wir die klare Entscheidung getroffen, uns vom Giro d'Italia zurückzuziehen», heißt es in einer Mitteilung. Schon am Samstag hatte der britische Teamkapitän und Mitfavorit Simon Yates die Rundfahrt wegen eines positiven Tests beenden müssen.
Somit begaben sich am Dienstag nur noch 145 Radprofis auf die 177 Kilometer von Lanciano nach Tortoreto. Einen Abbruch des Rennens hält Giro-Direktor Mauro Vegni vorerst nicht für nötig. «Ich glaube nicht, dass das Risiko besteht, das Rennen zu stoppen. Wir haben bereits 1500 Tests durchgeführt, ein Team war besonders betroffen, beim Rest war es nur eine Person pro Team», sagte er vor dem Etappenstart.
Auch von der französischen Mannschaft Ag2r-La Mondiale und dem britischen Team Ineos Grenadiers wurde jeweils eine Person aus dem Betreuerstab positiv getestet. Insgesamt wurden laut Veranstalter RCS in den letzten Tagen 571 Covid-19-Tests durchgeführt. Bei der diesjährigen Tour der France gab keiner der Fahrer einen positiven Test ab. Lediglich vier Team-Betreuer und Tour-Chef Christian Prudhomme wurden positiv auf das Virus getestet.
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Köln (dpa) - An der Seite seines älteren Bruders Mischa Zverev ist Deutschlands Top-Spieler Alexander Zverev beim ATP-Turnier in Köln gleich in der ersten Runde der Doppel-Konkurrenz gescheitert.
Die Zverevs verloren mit 6:2, 4:6 und 6:10 im Match-Tiebreak gegen Raven Klaasen aus Südafrika und den Österreicher Oliver Marach. Alexander Zeverev nahm sich die Niederlage durchaus zu Herzen, fluchte ab Ende des zweiten Satzes hin und wieder lautstark und donnerte einmal sogar den Tennisschläger auf den Boden.
Im Einzel ist der 23-Jährige an Nummer eins gesetzt und greift nach einem Freilos erst am Donnerstag im Achtelfinale ins Geschehen ein. Mischa Zverev hatte am Montag durch ein 6:1 und 6:4 gegen den Australier John Millman ebenfalls das Achtelfinale erreicht.
Am Dienstagmorgen zeigte sich wieder die Absurdität manch aktueller Corona-Regel. Da ein Doppel als Teamsport-Wettbewerb gilt, durften im Gegensatz zu den Einzel-Matches keine Zuschauer dabei sein. Das Spiel fand auf dem Nebenplatz statt. Auf dem Centre Court dürfen bis zu 800 Zuschauer die Matches verfolgen.
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München (dpa) - Bei den Vorbereitungen auf die EM im Sommer 2021 spielt die Europäische Fußball-Union UEFA nach Angaben von Verbandschef Aleksander Ceferin auch Szenarien ohne Zuschauer durch.
«Wir haben Überlegungen, wie wir es mit Fans machen, ohne Fans, mit 30, 50 ,70 Prozent», sagte der Slowene der ARD-Sportschau. Das wegen der Corona-Krise um ein Jahr verschobene Turnier soll demnach weiterhin in zwölf Ländern stattfinden, trotz aktuell hoher Infektionszahlen in manchen Gegenden. «Derzeit planen wir die Euro genauso, wie wir sie uns wünschen», sagte Ceferin. Zugleich bekräftigte er, mit dem paneuropäischen Turnier «nicht so glücklich» zu sein.
Angesprochen auf ein Szenario, wonach die Europameisterschaft ähnlich wie die Final-Turniere in Champions League und Europa League in ein Land zusammengezogen werden könnten, antwortete der UEFA-Präsident: «Derzeit denken wir nicht darüber nach, aber wir könnten verschiedene Sachen umsetzen.» Es gebe wenige Länder, die so ein Turnier stemmen könnten. «Deutschland wäre natürlich geeignet, aber darüber haben wir noch nicht nachgedacht. Wir sind weiterhin optimistisch, dass es auch so geht.» Hierzulande steigt drei Jahre später die reguläre EM 2024.
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Der Internationale Währungsfonds hebt seine Konjunkturprognose für 2020 an. Die Pandemie habe die Weltwirtschaft voll erwischt, dank beispielloser Konjunkturhilfen sei das Schlimmste aber verhindert worden. Die Krise dürfte dennoch schwere Schäden hinterlassen.
Washington (dpa) - Die Weltwirtschaft dürfte den Corona-Schock nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) etwas besser verkraften als zunächst befürchtet. In diesem Jahr sei mit einem Einbruch der Wirtschaftsleistung um rund 4,4 Prozent zu rechnen, hieß es in einer neuen IWF-Prognose.
Damit hob der Währungsfonds seine Vorhersage vom Juni um 0,8 Prozentpunkte an. «Wir gehen von einer etwas weniger heftigen, aber immer noch tiefen Rezession aus», erklärte IWF-Chefvolkswirtin Gita Gopinath.
Dank beispielloser Konjunkturhilfen und geldpolitischer Unterstützung hätten die großen Volkswirtschaften die Folgen der Corona-Krise im zweiten Quartal besser bewältigt als angenommen, so Gopinath. Eine Wiederholung einer «Finanzkatastrophe» wie während der letzten großen Weltwirtschaftskrise der Jahre 2008 und 2009 habe dadurch bislang verhindert werden können. Allerdings bleibt der Ausblick ungewiss. Die Erholung ab kommendem Jahr werde «langsam, ungleich, unsicher und anfällig für Rückfälle» sein, betonte der Währungsfonds.
Die Wachstumsprognose für 2021 senkte der IWF vor allem wegen anhaltender Belastungen durch die Corona-Krise um 0,2 Prozentpunkte auf 5,2 Prozent. Eine Erholung der Weltkonjunktur sei zudem nicht sicher, solange die Pandemie sich weiter ausbreite und eine Rückkehr zum normalen wirtschaftlichen Alltag verhindere. Um weiteren Rückschlägen vorzubeugen, dürften Regierungen ihre Konjunkturhilfen keinesfalls zu schnell wieder zurücknehmen. Es gebe jedoch Anlass zur Hoffnung, so würden bei den Corona-Tests sowie bei der Behandlung der Krankheit und bei der Impfstoff-Entwicklung Fortschritte gemacht.
Insgesamt zeichnet der IWF dennoch ein finsteres Bild: Die Pandemie werde vielen Ländern langfristige wirtschaftliche Schäden zufügen, sämtliche Fortschritte bei der Armutsbekämpfung seit den 1990er Jahren rückgängig machen und die soziale Ungleichheit erhöhen. Für die Eurozone sagt der IWF im laufenden Jahr einen Wirtschaftseinbruch um 8,3 Prozent voraus, im kommenden Jahr dürfte es dann um 5,2 Prozent nach oben gehen. Für Deutschland wird zunächst ein Rückgang um 6,0 Prozent und dann ein Anstieg um 4,2 Prozent erwartet. Damit wurde die Juni-Prognose für 2020 um starke 1,8 Prozentpunkte erhöht, für das kommende Jahr jedoch um 1,2 Punkte abgesenkt.
Vor allem für die USA zeigt sich der IWF inzwischen deutlich optimistischer. Hier soll die Wirtschaft 2020 laut aktualisierter Prognose um 4,3 Prozent schrumpfen, im Juni war noch ein Einbruch um 8 Prozent angenommen worden. Für 2021 rechnet der IWF nun mit 3,1 Prozent Wachstum. Deutlich schneller geht die Erholung in China voran, der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft nach den USA. Hier sei die Rückkehr zum Wachstum bereits vollzogen und stärker als erwartet ausgefallen. Bereits im aktuellen Jahr prognostiziert der IWF einen Anstieg der Wirtschaftsleistung um 1,9 Prozent, das sind 0,9 Prozentpunkte mehr als noch im Juni. Für 2021 rechnet der Währungsfonds unverändert mit einem Wachstum von 8,2 Prozent.
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Für die Kunden ist's dank Rabattaktion grade extra billig, die Beschäftigten wollen schon seit längerem mehr Lohn: Bei Amazon wird heute gestreikt.
Berlin (dpa) - Zum Beginn einer zweitägigen Rabattaktion bei Amazon haben Beschäftigte mehrerer deutscher Logistikzentren am Dienstag die Arbeit niedergelegt. Amazon sieht nach eigener Aussage keine Auswirkungen: «Die Pakete kommen pünktlich zu den Kunden», teilte das Unternehmen mit.
Anlässlich des sogenannten Prime Days, an dem der Online-Händler mit Sonderangeboten lockt, hatte Verdi Mitarbeiter in den Versandzentren Leipzig, Bad Hersfeld, Rheinberg, Werne, Graben bei Augsburg und Koblenz zum zeitlich befristeten Streik aufgerufen. Die Gewerkschaft fordert schon seit längerem, dass der US-Konzern in Deutschland höhere Löhne zahlt und einen Einzelhandel-Tarifvertrag unterzeichnet.
Verdi geht davon aus, dass die Zahl der Streikenden deutlich über 2000 liegen werde. Die Arbeitsniederlegung sollte mit den Nachtschichten von Mittwoch auf Donnerstag enden. In Koblenz sollte der Ausstand nach Aussage einer Verdi-Sprecherin schon am Dienstag mit der Spätschicht enden, da hier schon seit Montag gestreikt werde. Die Gewerkschaft fordert unter anderem, dass Amazon eine zwischenzeitlich gezahlte Corona-Zulage in eine Gehaltserhöhung umwandelt. «Die Beschäftigten legen seit Beginn der Corona-Pandemie Höchstleistungen an den Tag, oft ohne hinreichenden Schutz», teilte Orhan Akman, Verdi-Bundesfachgruppenleiter für den Einzel- und Versandhandel mit.
Ein Amazon-Sprecher wehrte sich gegen den Vorwurf, Beschäftigte während der Corona-Pandemie einem erheblichen gesundheitlichen Risiko auszusetzen. Er verwies auf verstärkte Reinigung, Desinfektion, Temperaturmessungen, Maskenpflicht sowie ein Abstandsgebot. Behörden hätten die Vorkehrungen abgesegnet. Amazon ist ein Profiteur der Corona-Krise, da die Nachfrage nach Sendungen in Pandemiezeiten deutlich gestiegen ist - an der Börse hat das Unternehmen ein Rekordniveau erreicht. Amazon beschäftigt in der Logistik deutschlandweit rund 16 000 Festangestellte und betreibt 15 Logistikzentren.
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Frankfurt/Main (dpa) - Der deutsche Aktienmarkt hat im Handelsverlauf immer mehr nachgegeben. Trotz schwacher Daten des ZEW-Wirtschaftsinstituts hielt sich der Dax zunächst recht stabil. Am frühen Nachmittag kam etwas Druck auf, denn in den USA dürfte die Wall Street mit Verlusten in den Tag starten.
Der deutsche Leitindex verlor zuletzt 1,00 Prozent auf 13.007,30 Punkte und fiel damit auf sein Tagestief. Der MDax der 60 mittelgroßen Börsentitel sank um 0,96 Prozent auf 27.890,19 Zähler. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 büßte 0,61 Prozent ein.
Dass die US-Börse schwächer eröffnen dürfte, begründeten Börsianer vor allem mit ihrem bereits seit einigen Handelstagen sehr guten Lauf, obwohl es nach wie vor keine politische Einigung auf ein weiteres Corona-Hilfspaket gab.
Wie das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) mitteilte, trübten sich im Oktober die Konjunkturerwartungen deutscher Finanzexperten stark ein. Der Indikator fiel auf 56,1 Punkte.
Unter den Einzelwerten zählten im Dax die Papiere von Beiersdorf mit plus 0,5 Prozent zu den Favoriten, während Henkel um 1,3 Prozent nachgaben. Schlusslicht waren die Aktien von Bayer mit minus 1,7 Prozent.
Evotec reagierten mit Kursgewinnen von 3,7 Prozent auf die Nachricht über einen neuen Großaktionär. Die Kapitalerhöhung im Zuge des Einstiegs des Staatsfonds von Abu Dhabi störte die Anleger angesichts des neuen, langfristig engagierten Großaktionärs wenig.
Der Euro wurde am frühen Nachmittag zu 1,1791 US-Dollar gehandelt. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am Montag auf 1,1799 Dollar festgesetzt. Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von minus 0,55 Punkten am Vortag auf minus 0,56 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,05 Prozent auf 146,00 Punkte. Der Bund-Future legte um 0,01 Prozent auf 174,84 Punkte zu.
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Es sind grauenhafte Szenen am Morgen: Zwei Brüder wollen ihren Zug an einem Bahnhof bei Landshut noch erwischen. Da erfasst sie eine durchfahrende Regionalbahn. Zahlreiche Schüler müssen den schrecklichen Unfall mitanschauen.
Bruckberg (dpa) - Zwei Schüler sind bei einem Bahnunfall bei Landshut in Niederbayern ums Leben gekommen. Die beiden Brüder, 13 und 17 Jahre alt, hätten am Dienstagmorgen versucht, einen im Bahnhof Bruckberg stehenden Zug zu erwischen, sagte ein Polizeisprecher.
Als sie den Bahnübergang trotz geschlossener Schranken überquerten, wurden sie von einem durchfahrenden Regionalzug in voller Fahrt erfasst und tödlich verletzt.
Zahlreiche Augenzeugen, darunter mehrere Schüler, beobachteten den schrecklichen Unfall. Die Fahrgäste würden ebenso wie die Angehörigen der beiden Schüler von Kriseninterventionsteams vor Ort betreut, sagte der Sprecher. Die Zahl der Augenzeugen lasse sich bisher nicht abschätzen. Bruckbergs Bürgermeister Rudolf Radlmeier (Freie Wähler) sprach von einem «rabenschwarzen Tag für die Gemeinde». Viele Schüler hätten den Unfall miterleben müssen. Sie seien anschließend im Feuerwehrhaus der Gemeinde betreut worden.
Auch rund 100 Einsatzkräfte waren nach Angaben der Polizei vor Ort. Für sie seien derartige Einsätze ebenfalls «nichts Alltägliches», sagte ein Polizeisprecher. Für die Einsatzkräfte gebe es deshalb ebenfalls Angebote zur seelsorgerischen Betreuung. Die Zugstrecke zwischen Moosburg und Landshut blieb bis kurz vor 12.00 Uhr gesperrt, die Bahn richtete einen Schienenersatzverkehr mit Bussen ein.
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Sie führen offenbar in teuren Sportwagen ein Rennen auf einer öffentlichen Autobahn - und verursachten einen tödlichen Unfall. Ein Fahrer wurde festgenommen, einer weiterer stellte sich selbst. Nach einem Dritten wird gefahndet. Die Polizei hat viele Hinweise bekommen.
Hofheim (dpa) - Nach dem tödlichen Autorennen am Wochenende auf der A66 in Hessen fahndet die Polizei weiterhin nach dem flüchtigen dritten Fahrer. «Wir haben zahlreiche Hinweise bekommen, die nun geprüft werden», sagte ein Sprecher der Polizei in Wiesbaden.
Eine Festnahme habe es bislang aber nicht gegeben. Bei dem Gesuchten handle es sich um einen 34-jährigen Deutsch-Polen. Gegen die insgesamt drei Fahrer des mutmaßlichen illegalen Rennens, bei dem eine unbeteiligte Frau ums Leben kam, wird wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen sowie mit gemeingefährlichen Mitteln ermittelt.
Sie sollen am Samstagmittag auf der Autobahn bei Hofheim am Taunus entlanggerast sein, als einer von ihnen laut Staatsanwaltschaft beim Überholen mit etwa Tempo 200 die Kontrolle verlor. Daraufhin rammte er einen nicht am Rennen beteiligten Wagen. Dessen Insassin kam ums Leben. Ihre Identität war zunächst nicht eindeutig geklärt. Beide Autos waren nach dem Zusammenstoß ausgebrannt.
Der Fahrer des verunglückten Sportwagens, ein 29 Jahre alter Iraner, war in eine Klinik gebracht und dann festgenommen worden. Ein 26-jähriger Deutscher aus Nordrhein-Westfalen stellte sich am selben Tag der Polizei. Der dritte Sportwagen wurde in einem Stadtteil von Hofheim gefunden, das Auto ist laut Polizei in Dubai zugelassen. Der flüchtige Fahrer soll laut Polizei keinen festen Wohnsitz haben.
Für harte Strafen gegen die Raser hat sich Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) ausgesprochen. Der Rechtsrahmen müsse ausgeschöpft werden, auch um potenzielle Nachahmer abzuschrecken, sagte er der FAZ. «Wer so egoistisch und rücksichtslos das Leben seiner Mitmenschen gefährdet, hat nichts hinter dem Lenkrad eines Sportwagens zu suchen, sondern gehört hinter Schloss und Riegel.»
Vor drei Jahren waren in Deutschland zum ersten Mal Raser wegen Mordes zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt worden. Der Fall der sogenannten Ku'damm-Raser von Berlin ging bis vor das Bundesgerichtshof (BGH), das Urteil gegen einen von ihnen wegen Mordes ist mittlerweile rechtskräftig. Der andere Mann steht derzeit in Berlin vor Gericht, gegen ihn hatte der BGH das Urteil aufgehoben.
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Es kommen weniger Menschen nach Deutschland und es sterben mehr als geboren werden: Die Bevölkerungszahl in Deutschland ist erstmals seit zehn Jahren leicht zurückgegangen.
Wiesbaden (dpa) - Die Bevölkerungszahl in Deutschland ist erstmals seit zehn Jahren leicht zurückgegangen. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Dienstag mitteilte, lebten zum 30. Juni 2020 rund 83,1 Millionen Menschen in Deutschland.
Das seien 40 000 weniger als ein halbes Jahr zuvor (minus 0,05 Prozent). Einen Grund dafür sehen die Statistiker in der verminderten Zuwanderung aufgrund der Corona-Pandemie. «Während sich die Zahl der Zu- und Fortzüge im Januar und Februar 2020 noch auf dem Niveau der Vorjahresmonate bewegten, ist ab März insbesondere bei den Zuwanderungen ein starker Einbruch zu beobachten», erklärten die Statistiker. So habe die Nettozuwanderung mit 17.000 Menschen laut vorläufiger Ergebnisse deutlich unter dem Vorjahreswert gelegen (plus 167.000).
Laut der vorläufigen Ergebnisse lag die Zahl der Toten um 112.000 Personen über der Zahl der Neugeborenen (Vorjahreswert: 105.000). Die niedrigere Nettozuwanderung habe das Geburtendefizit in der ersten Jahreshälfte 2020 nicht ausgleichen können, so dass es zu dem Bevölkerungsrückgang gekommen sei.
Das Bundesamt weist aber auch darauf hin, dass die Wanderungs- und Bevölkerungszahlen zeitlich mit den Corona-Einschränkungen zusammenfiel. «Neben den eingeschränkten Reisemöglichkeiten könnte aber auch eine verzögerte Erfassung der Wanderungsfälle eine Rolle spielen», hieß es. Daher sei nicht ausgeschlossen, dass es zu Nachholeffekten bei der Erfassung von Zuwanderern komme.
Zuletzt war die Bevölkerungszahl demnach im zweiten Halbjahr 2010 gesunken. Seit 2011 stiegen die Zahlen dann stetig. Der höchste Anstieg wurde zuwanderungsbedingt im zweiten Halbjahr 2015 registriert (plus 0,9 Prozent).
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An Afrikas höchstem Berg dauert der Kampf gegen eine breite Flammenwalze an. Der Kilimandscharo wird weiter verhüllt von dichtem Rauch. Ein deutscher Forscher liefert Erklärungen.
Moshi/Johannesburg (dpa) - An Afrikas höchstem Berg stellen sich rund 500 Feuerwehrleute und Helfer auf knapp 3000 Metern Höhe einer lodernden Feuerwalze entgegen. Sie versuchen an der Südflanke des Kilimandscharos, die Flammen mit dem ihnen dort oben zur Verfügung stehenden Gerät zu löschen.
Zudem sei am Morgen ein Helikopter zur Unterstützung eingeschwebt, gab am Dienstag Tansanias Nationalparkbehörde Tanapa in einer Erklärung bekannt. «Wir werden den Helikopter nutzen, um aus der Luft verwundbare Stellen auszumachen und schnell eingreifen zu können, sollte das Feuer in diese Regionen wandern.» Die Flammen hätten sich nun in den östlichen Teil des Gebirgsmassivs verlagert und wanderten zum Rombo-Distrikt.
Wegen starker Winde hat das Feuer ein großes Gebiet von Heide- und Moorlandschaft zerstört. Nach Beobachtungen von Anwohnern bewegen sich die Flammen nun auch bergab, in Richtung auf den darunter liegenden Regenwald. Der Brand war laut Nationalparkverwaltung am Sonntagabend ausgebrochen. Die Ursache ist bisher unbekannt.
Zuletzt hatte es im Oktober 2016 am Kilimandscharo gebrannt. Der Bayreuther Biologe Andreas Hemp, der seit mehr als drei Jahrzehnten die Veränderungen im empfindlichen Kilimandscharo-Biotop erforscht, hat eine Zunahme von Bränden am Gebirgsmassiv beobachtet. Er führt das gemeinsam mit dem Schmelzen der Gipfelgletscher unter anderem auf den Klimawandel zurück. «Es ist typisch für die ostafrikanische Berglandschaft, dass Heidezonen als Bindeglied zwischen dem Regenwald und der felsigen Gebirgszone existieren», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Das hat unter anderem Einfluss auf den Wasserhaushalt am Berg, da die Erikapflanzen mit ihren Blättern die Nebelfeuchtigkeit auffangen und dem Grundwasser zuführen können.
«Sie haben aber die Eigenschaft, dass sie sehr leicht brennen - und wenn es da mal brennt, kann man kaum noch löschen.» Seine Forschungen hätten ergeben, dass sich die Waldgrenze am Kilimandscharo seit 1976 um rund 800 Meter nach unten verschoben hat. «Der Klimawandel spielt im Zusammenspiel mit dem Einwirken der Menschen vor Ort ganz sicher eine Rolle», meint er. Beim aktuellen Feuer setzt er auf ein Einsetzen der Regenzeit. «Wir stehen am Ende der Trockenzeit, da könnte einsetzender Regen helfen, das Feuer zu löschen. Auch Schluchten oder ausgetrocknete Flussläufe könnten es stoppen.» In der rund 450 Kilometer entfernten Küstenstadt Daressalam, wo er sich gerade aufhalte, regne es bereits heftig.
Der Kilimandscharo mit seinen 5895 Metern Höhe gilt nicht nur als Afrikas höchster Berg, sondern auch als Tansanias Wahrzeichen. Die Löscharbeiten in großer Höhe gestalten sich als schwierig, weil der lange Aufstieg zum Brandherd beschwerlich ist und Ausrüstung mitgeschleppt werden muss. Auf einem Amateurvideo vom Ort des Geschehens sind Helfer zu sehen, die vor den lodernden Flammen mit Hacken Schneisen in die Heidelandschaft zu schlagen versuchen. Die Bergflanke war am Dienstagmittag weiter von einer dichten Qualmwolke verhüllt.
Der Kilimandscharo wird in normalen Zeiten von Zehntausenden Bergsteigern aus aller Welt bestiegen. Wegen der Corona-Beschränkungen liegt der Tourismus derzeit aber am Boden. Dennoch sind weiterhin Bergsteiger im Gebirgsmassiv unterwegs zum Gipfel des Kilimandscharo, bestätigte Tanapa-Sprecher Pascal Shelutete. Sie werden über andere, ungefährdete Routen umgeleitet.
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Das Maskentragen und Abstandsgebote werden uns in jedem Fall weiter begleiten - Corona-Impfstoff hin oder her. Laut Robert Koch-Institut wird der Alltag in Deutschland zunächst eingeschränkt bleiben.
Berlin (dpa) - Der Alltag in Deutschland muss nach Ansicht des Robert Koch-Instituts auch mit Einführung eines Corona-Impfstoffs zunächst eingeschränkt bleiben - einschließlich Maskentragen und Abstandsgeboten.
Darauf weist das RKI in einem Strategiepapier hin. Demnach werden zwar voraussichtlich im kommenden Jahr ein oder mehrere Impfstoffe zur Verfügung stehen - und die Bekämpfung des Coronavirus entscheidend verbessern.
Allerdings dürfte es ein solches Mittel zu Beginn nur in begrenzten Mengen geben und insbesondere Risikogruppen zu Gute kommen. Deshalb seien weiterhin «gewisse Modifikationen des Miteinander-Seins» wichtig. Darunter versteht das RKI unter anderem Abstandhalten, Hygieneregeln beachten, Maske tragen, Lüften sowie die Verlegung von Freizeitaktivitäten möglichst nach draußen.
Vor zwei Monaten wurde bereits ein ähnliches Papier veröffentlicht, in der eine frühere Verfügbarkeit eines Impfstoffs für möglich gehalten worden war. Dieses Papier hatte das RKI wenige Stunden später zurückgenommen, weil es sich um eine veraltete Version gehandelt habe.
In dem jetzt vorgelegten Dokument formuliert das RKI strategische Ziele: Im Vordergrund stehe, die Ausbreitung sowie die gesundheitlichen Auswirkungen der Pandemie zu minimieren, während das gesamtgesellschaftliche und wirtschaftliche Leben möglichst wenig beeinträchtigt werden soll. «Wir brauchen im Umgang mit Covid-19 in den nächsten Wochen und Monaten zeitlich und regional beschränkte Maßnahmen, die an das jeweilige Risiko angepasst werden», sagte RKI-Präsident Lothar Wieler. Eine Überlastung des Gesundheitssystems, Spätfolgen der Erkrankung und Todesfälle sollten soweit wie möglich vermieden werden, heißt es in dem Papier.
Das RKI beschäftigt sich auch mit Schulen und Kitas: Bisherige Erkenntnisse zeigten klar, dass «Bildungseinrichtungen einer der Orte sind, die eine Rolle im Infektionsgeschehen haben». Dennoch sei es wichtig, sie durch Einhalten von Hygienekonzepten weiter offen zu halten.
Mit Blick auf Reisen schreibt das RKI: «Erhöhte Mobilität (berufliche oder private Reisetätigkeit) bedeutet erweitertes Risiko.» Allerdings hänge das Risiko nicht primär vom Ort der Reise ab, sondern wesentlich vom Verhalten des Einzelnen in einem Gebiet mit Virusübertragungen.
Das RKI spricht sich dafür aus, insbesondere Risikogruppen breit auf Influenza und Pneumokokken zu impfen. «Für die Pandemiekontrolle der kommenden Monate spielen Impfstoffe gegen andere Atemwegserkrankungen vor allem in der kalten Jahreszeit eine entscheidende Rolle.» Dadurch könnten Menschen geschützt und das Gesundheitssystem entlastet werden.
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Nach seiner Corona-Infektion will US-Präsident Trump jeden Zweifel an seiner Genesung aus dem Weg räumen. Eine Stunde lang spricht er vor dicht gedrängten Anhängern in Florida - die er im Falle einer Wahlniederlage vor einer Verlängerung der Pandemie warnt.
Washington (dpa) - US-Präsident Donald Trump hat sich bei seiner Rückkehr auf die Wahlkampfbühne von seinen Anhängern im US-Bundesstaat Florida feiern lassen.
«Ich fühle mich so stark», sagte Trump am Montagabend (Ortszeit) während seines rund einstündigen Auftritts in Sanford bei Orlando. Der 74-Jährige betonte wie schon am Wochenende, er sei nun immun. «Ich werde jeden in diesem Publikum küssen. Ich werde die Kerle und die schönen Frauen küssen (...). Ich werde euch einfach allen einen dicken, fetten Kuss geben.» Florida ist ein potenziell entscheidender Bundesstaat für die Präsidentenwahl am 3. November.
Trumps Leibarzt Sean Conley hatte zuvor mitgeteilt, dass mehrere Corona-Schnelltests an «aufeinanderfolgenden Tagen» bei dem 74-Jährigen negativ ausgefallen seien. Neben den Antigentests seien auch andere Labordaten hinzugezogen worden, um zu ermitteln, dass der Präsident nicht mehr ansteckend sei. Wann Trump das erste Mal negativ getestet wurde und wie oft, blieb unklar. Auch erklärte Conley nicht, warum Trump offenbar nicht mit der üblicherweise durchgeführten PCR-Methode getestet wurde, die im Vergleich zu Antigentests als zuverlässiger gilt.
Wegen seiner Anfang Oktober bekannt gewordenen Corona-Infektion musste Trump seine Wahlkampfauftritte an Flughäfen mit dem Präsidentenflugzeug als Kulisse abrupt auf Eis legen. Er wurde drei Tage lang in einem Militärkrankenhaus bei Washington behandelt. Am Samstag hatte Conley erklärt, Trump sei nicht mehr ansteckend. Über Testergebnisse erteilte er bis Montag keine Auskunft.
Trump verzichtete bei seiner Reise nach Florida auf das Tragen einer Maske, wie Fotos von der Abfahrt zeigten. Der Republikaner hat sich seit Beginn der Pandemie äußerst selten öffentlich mit Mund-Nasen-Schutz gezeigt. Seine Gegner kritisierten ihn deswegen als schlechtes Vorbild.
«Normales Leben, das ist alles, was wir wollen», sagte Trump nun vor seinen Anhängern. Er behauptete, sein demokratischer Herausforderer Joe Biden würde der Erholung von der Krise ein Ende bereiten, einen Impfstoff verzögern und die Pandemie verlängern. Zudem wolle Biden für Florida einen «drakonischen, unwissenschaftlichen Lockdown». In Wirklichkeit verspricht Biden, die Pandemie mit einer nationalen Strategie eindämmen und dabei dem Rat von Wissenschaftlern und Gesundheitsexperten folgen zu wollen, um die Menschen zu schützen. Er betont immer wieder die Bedeutung von Masken.
Biden kritisierte Trump am Montag nicht nur wegen dessen Umgang mit der Pandemie insgesamt. «Sein rücksichtsloses persönliches Verhalten seit seiner Diagnose war skrupellos», sagte Biden bei einem Auftritt in dem ebenfalls umkämpften Bundesstaat Ohio. «Je länger Donald Trump Präsident ist, desto rücksichtsloser scheint er zu werden.»
Unterdessen setzte sich der Streit zwischen Trumps Wahlkampfteam und dem prominenten US-Gesundheitsexperten Anthony Fauci fort. Der Immunologe machte beim Sender CNN deutlich, dass er im Wahlkampf nicht für Trump-Werbung herhalten will. Das Wahlkampfteam solle einen Werbespot, für den Äußerungen Faucis ohne dessen Zustimmung und zusammenhangslos verwendet wurden, nicht weiter nutzen. «Ich denke, es ist wirklich bedauerlich und wirklich enttäuschend, dass sie das getan haben», sagte Fauci.
Er sei kein politischer Mensch und habe nie einen politischen Kandidaten unterstützt. Sollte das Wahlkampfteam Trumps erwägen, ihn für weitere Wahlwerbung zu nutzen, könnte das nach hinten losgehen, warnte Fauci. «Sie tun das gegen meinen Willen», sagte Fauci der Nachrichtenseite «Daily Beast». Bei Wahlkampfwerbung gehe es darum, Stimmen zu gewinnen. Doch die Schikanierung seiner Person könnte einige Wähler abschrecken, mutmaßte Fauci, der Teil der Coronavirus-Arbeitsgruppe des Weißen Hauses ist.
Der Immunologe äußerte sich auch kritisch über Wahlkampfveranstaltungen, von denen Trump in dieser Woche noch weitere abhalten will: In den kommenden Tagen soll Trump nach Pennsylvania, Iowa, North Carolina, Georgia und erneut nach Florida reisen. «Wir wissen, dass das zu Problemen führt», sagte Fauci mit Blick auf Ansammlungen vieler Menschen ohne Maske, wie sie bei Trump-Auftritten üblich sind.
Die Corona-Pandemie ist in den USA weiterhin nicht unter Kontrolle. In den vergangenen sieben Tagen kamen täglich im Durchschnitt rund 50.000 nachgewiesene Neuinfektionen hinzu. Seit Beginn der Pandemie wurden rund 7,8 Millionen Ansteckungen mit dem Erreger Sars-CoV-2 nachgewiesen. Mehr als 215.000 Menschen starben nach einer Infektion. Selbst das Weiße Haus hatte mit einem Ausbruch zu kämpfen: Neben Trump wurden auch zahlreiche andere Mitarbeiter und Gäste der Regierungszentrale positiv getestet.
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