RATGEBER: Gesundheit

Wurmmittel-Mythos

Große Studie bestätigt: Ivermectin unwirksam bei Covid-19

Obwohl es nicht als Arznei gegen Covid-19 zugelassen ist, galt das Wurmmittel Ivermectin vor allem unter Impfgegnern als vermeintliche Wunderwaffe. Eine große Studie aus Brasilien räumt damit nun auf.

01.04.2022 12:17 Uhr

Berlin (dpa) - Dass der Arzneistoff Ivermectin nicht gegen Covid-19 hilft, hat nun eine große Studie aus Brasilien bestätigt. Die im äußerst renommierten «New England Journal of Medicine» veröffentlichte Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass das Wurmmittel etwa das Risiko für eine erforderliche Behandlung im Krankenhaus nach einer Coronavirus-Infektion im Vergleich zum Placebo nicht senkt.

Eine gewisse Popularität erlangte Ivermectin, das beim Menschen etwa gegen bestimmte Fadenwürmer und Krätzemilben eingesetzt werden kann, zuletzt vor allem unter Impfgegnern. Sie sahen in dem Medikament ein Wundermittel in der Pandemie. In einigen Ländern wurde zeitweise von einem Run auf Apotheken berichtet.

Angefeuert wurde der Hype von unseriösen Internetseiten, die auf vermeintlich vielversprechende Ergebnisse vor allem kleinerer Studien verwiesen - deren Qualität und allgemeine Aussagekraft Experten zufolge teils fragwürdig war.

Kein Effekt gegen Covid-19

In der nun veröffentlichten Doppelblind-Studie wussten weder Ärzte noch die per Los zugeordneten Patienten, wer das Wurmmittel und wer ein Scheinpräparat (Placebo) bekommen hatte. Die mehr als 3500 Teilnehmer hatten wegen ihres Alters oder wegen Vorerkrankungen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Covid-Verlauf. 679 von ihnen erhielten Ivermectin, ebenso viele ein Scheinpräparat, die übrigen knapp 2160 Patienten wurden anders behandelt.

In der Untersuchung erwies sich Ivermectin als klinisch unwirksam - sowohl in Bezug auf das Risiko einer Krankenhauseinweisung als auch auf die Dauer eines Klinikaufenthalts oder die Genesung nach einer Infektion.

«Kein Effekt des Medikamentes!», twitterte der Direktor der Klinik für Intensivmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Stefan Kluge, mit Blick auf die Studie. Der Infektionsimmunologe Leif Erik Sander von der Berliner Charité reagierte auf das Ergebnis ebenfalls auf Twitter: «Damit sollte dieses Thema mal abgehakt sein.»

Warnung vor Einnahme: Kann gifitg sein

Schon in der Vergangenheit kamen Meta-Analysen, die einzelne Untersuchungen und Laborexperimente zusammenfassten, zu keinem eindeutigen Ergebnis über einen angeblichen Nutzen von Ivermectin. Bis heute sprechen sich Weltgesundheitsorganisation (WHO), Robert Koch-Institut (RKI) und Europäische Arzneimittelagentur (EMA) gegen den Einsatz des Medikaments in der Pandemie aus. Bei falscher Dosierung kann das Mittel hochgiftig sein.

In Österreich riet sogar der Hersteller MSD (Merck Sharp & Dohme) von einer eigenmächtigen Einnahme ab: «Es gibt keine aussagekräftige Evidenz für die Anwendung von Ivermectin bei Sars-CoV-2», teilte das Unternehmen schon im November mit.

© dpa-infocom, dpa:220401-99-756859/3

FDA-Artikel über Ivermectin

RKI über Ivermectin, S. 15

EMA über Ivermectin

Ivermectin auf Gelber Liste

Tweet von Kluge

Tweet von Sander

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